Institutionen des Internets

Wer reguliert das Internet?

Die Frage wer das Internet reguliert ist nicht so einfach zu beantworten. Die technische Infrastruktur des Internets wird von der „Internet Society“ (siehe nächsten Punkt) gepflegt und weiterentwickelt. Daneben gibt es die rechtlichen Fragen, die abhängig sind vom Rechtssystem des jeweiligen Staates. So können bestimmte Handlungen und Äußerungen im Internet in einem Land erlaubt und in einem anderen illegal sein. Hinter dem Begriff der Internetregulierung stehen Maßnahmen zur Bekämpfung der Internetkriminalität, der Strafverfolgung, der Wahrung von Personen- und Urheberrechten bis hin zur Wahrung oder Einschränkung der Netzneutralität (gleiche Bedinungen für alle im Internet, ohne Überholspuren für Spezialdienste oder gegen Erhebung hoher Gebühren). Darunter fallen z. B. die Internetzensur, die Vorratsdatenspeicherung, die Verfolgung von Urheberrechts-verletzungen, die Internetüberwachung und in Deutschland die Störerhaftung, durch die WLAN-Netzbetreiber für die Internetkriminalität der Benutzer des WLAN's haftbar gemacht werden können.

In der Diskussion um die Regulierung des Internets durch Regierungen geht es meist darum abzuwägen, in wie weit Freiheitsrechte der Internetbenutzer eingeschränkt werden dürfen, um Internetkriminalität zu bekämpfen, die Aufklärung allgemeiner Straftaten zu unterstützen oder Cyberattacken auf Unternehmen und Regierungen abzuwenden. Hier unterscheiden sich die einzelnen Staate deutlich voneinander. So wird in den USA ein höheres Maß an Überwachung von der Bevölkerung akzeptiert, um z. B. Terrorismus zu bekämpfen als in Deutschland. In den meisten autoritären Staaten werden Freiheitsrechte meist deutlich eingeschränkt und Kritik an der herrschenden Regierung zensiert, ohne Rücksicht auf Freiheitsrechte, mit dem Ziel die eigene Macht zu erhalten. Da auch Länder wie z. B. China, Russland und die Türkei, die eine große Rolle in der Weltpolitik spielen, Freiheitsrechte meist massiv einschränken, gilt es hier einen Konsens zu finden, ohne das Internet auseinander fallen zu lassen. Versuche einer einheitlichen Regulierung des Internets sind z. B. das „Internet Governance Forum“ und die internationale Konferenz „NETMundial“.

Das Internet Governance Forum (kurz IGF) ist ein jährlich über mehrere Tage stattfindendes Forum, in dem Staaten, internationale Organisationen sowie Vertreter der Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft über Probleme im Internet und die Regulierung des Internets diskutieren. Das IGF wurde 2006 von der UN einberufen und hat lediglich die Funktion eines Forums, ohne eigene Entscheidungsbefugnisse.

NETMundial ist eine internationale Multistakeholder-Konferenz, die 2014 von der brasilianischen Präsidentin Dilma Roussef und der ICANN ins Leben gerufen wurde. Dabei wurden relativ gleichberechtigt Prinzipien zur Regulierung des Internets von mehr als hundert Regierungen, großen Internetfirmen, der technischen Community und Vertretern der Zivilgesellschaft verabschiedet. U. a. wurden das Internet als öffentliches Gut anerkannt und die Menschenrechte als Fundament für die Struktur und Regulierung des Internets festgelegt. Die Festlegungen der NETMundial sind für die Beteiligten zwar nicht bindend, werden aber als ein wichtiger Schritt hin zu einer internationalen und von den wichtigsten gesellschaftlichen Bereichen getragenen Möglichkeit zur Regulierung des Internets angesehen.

Internet Society

Die „Internet Society“ (kurz ISOC; zu deutsch Internetverband) ist eine sog. Nichtregierungsorganisation (engl. non-govermental organization, kurz NGO), welche die Infrastruktur des Internets pflegt und weiterentwickelt. Die ISOC wurde 1992 gegründet, hat ihren Hauptsitz in den USA (Reston) und in der Schweiz (Genf) und hat heute ca. 50.000 Mitglieder. Die Mitglieder bestehen aus ca. 6.000 Einzelpersonen und ca. 130 Organisationen aus über 170 Staaten. Die Ziele der ISOC sind der Fortbestand und die Verbreitung des Internets. Die ISOC unterteilt sich in das IAB (Internet Architecture Board), das für die Architektur des Internets verantwortlich ist, und die IANA (Internet Assigned Numbers Authority), die für die Vergabe von Nummern und Namen im Internet zuständig ist.

Internet Architecture Board

Das Internet Architecture Board (kurz IAB) ist der übergeordnete Ausschuss der beiden Organisationen IETF (Internet Engineering Task Force) und IRTF (Internet Research Task Force). Die IAB berät die ISOCüberwacht die Standardisierungsvorhaben der IETF und unterstützt und organisiert die Forschungsprojekte der IRTF. Außerdem gibt die IAB ihre Empfehlungen und Bedenken an die Leitungsorgane IESG (Internet Engineering Steering Group) und IRSG (Internet Research Steering Group) weiter.


Die Internet Engineering Task Force (kurz IETF) ist eine offene Organisation ohne förmlicher Mitgliedschaft, die sich mit der technischen Entwicklung des Internets befasst. Mitglieder der IETF sind Netzwerktechniker, Hersteller, Netzbetreiber, Forscher und Anwender, die ein Interesse daran haben, neue Internetstandards zu etablieren. Sie verfassen dazu technische Dokumente, die sog. RFC (Request for Comments), in denen Protokolle, Methoden, und andere Konzepte zur Zusammenarbeit unterschiedlicher Systeme im Internet beschrieben werden.

Die RFC (Request for Comment) sind eine Sammlung nummerierter technischer Dokumente, die sich mit der Technologie des Internets beschäftigen. Die RFC werden seit 1969 veröffentlicht und haben in vielen Fällen zur Standardisierung der heute im Rahmen des Internets verwendeten Technologien geführt. So basieren z. B. fast alle im Internet gängigen Protokolle auf RFC.


Die RFC werden zuerst als Vorschlag bei der IETF eingereicht. Anschließend wird ein sog. RFC-Editor ernannt, der den Vorschlag auf Lesbarkeit, Konsistenz und Widerspruchsfreiheit zu anderen RFC prüft. Danach wird der Vorschlag von der IETF und IESG in die offizielle Liste der RFC aufgenommen.

Die Internet Engineering Steering Group (kurz IESG) ist das Leitungsorgan der IETF und ist an der Genehmigung neuer Internetstandards beteiligt.

Die Internet Research Task Force (kurz IRTF) ist die zweite Organisation, die der IAB unterstellt ist und beschäftigt sich mit der Forschung und Entwicklung der Netzwerktechnik im Internet. Die Mitglieder der IRTF bestehen aus Forschern aus dem Bereich Netzwerktechnologien.

Die Internet Research Steering Group (kurz IRSG) leitet und organisiert die IRTF. Die IRSG besteht aus dem Leiter der IRTF, den Leitern der verschiedenen Forschungsgruppen der IRTF und weiteren Personen aus den verschiedenen Forschungsbereichen.

Internet Assigned Numbers Authority

Die Internet Assigned Numbers Authority (kurz IANA) ist eine der zwei großen Gruppen der ISOC und ist verantwortlich für die Vergabe von Nummern (z. B. IP-Adressen und Portnummern) und Namen im Internet. Die IANA verwaltet und koordiniert die Vergabe von IP-Adressen und macht die öffentlichen IP-Adressen bekannt. Weiter vergibt und verwaltet die IANA die Liste der standardisierten Ports, in der bestimmten Diensten bestimmte Portnummern zugewiesen sind. Außerdem verwaltet die IANA die Root-Nameserver des Internet-DNS.


Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (kurz ICANN) ist eine sog. Non-Profit-Organisation, welche die Vergabe von eindeutigen Nummern und Namen im Internet koordiniert. Dazu zählen Domain-Namen, IP-Adressen und Portnummern für Standarddienste. Die ICANN veröffentlicht auch die öffentlichen IP-Adressen und die Liste der standardisierten Ports. Außerdem ist die ICANN für die DNS-Root-Nameserver verantwortlich, die auf oberster Ebene Suchanfragen im DNS des Internets koordinieren.

In den letzten Jahren wurde es zunehmend als problematisch angesehen, dass eine so entscheidende Organisationen des Internets, wie die ICANN, indirekt der Aufsicht der US-Regierung untersteht. So untersteht die ICANN seit 1998 dem amerikanischen Handelsministerium (Department of Commerce, kurz DoC) und darf ohne dessen Zustimmung z. B. keine Änderungen an Länder-Domain-Namen vornehmen. Auf Grund des internationalen Drucks sollen die DNS-Rootserver in Zukunft nicht mehr unter der Aufsicht der US-Regierung stehen und die ICANN vollkommen unabhängig werden. Dies wird derzeit (Anfang 2016) noch auf internationalem Parkett u. a. im Rahmen von NetMundial und dem Internet Governance Forum (siehe weiter oben) diskutiert.

World Wide Web Consortium

Das World Wide Web Consortium (kurz W3C) ist eine internationale Vereinigung zur Standardisierung von Techniken im World Wide Web. Das W3C wurde 1998 im „Laboratory for Computer Science“ des MIT (Massachusetts Institut of Technology) gegründet. Während die ISOC (Internet Society) eher Techniken für die Infrastruktur des WWW, d. h. für das Internet selber, standardisiert, beschäftigt sich das W3C mit der Standardisierung von Webtechnologien, d. h. Hilfsmittel zur Realisierung des Internetdienstes WWW. Hierzu zählen u. a. HTML, CSS und XML. Überschneidungen gibt es z. B. beim Protokoll HTTP, das von der IETF (Internet Engineering Task Force), einer Organisation innerhalb der ISOC, zusammen mit dem W3C standardisiert wurde.

Das W3C besteht aus ca. 60 Mitarbeitern, 400 Mitgliedsorganisationen und vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern. Gründer und Vorsitzender des W3C ist Tim Berners-Lee, der Erfinder des WWW. Die Mitarbeiter des W3C leiten alle organisatorischen Prozesse und sind meist in einer der drei sog. Hostorganisationen angestellt. Die Hostorganisationen sind das MIT (Massachusetts Institut of Technology; Technische Eliteuniversität aus den USA), das ERCIM (European Research Consortium for Informatics and Mathematics; Vereinigung europäischer Forschungseinrichtungen) und die Keio-Universität (Elite-Privatuniversität aus Japan).


Mitglied kann fast jede Art von Organisation werden, wie z. B. Wirtschaftsunternehmen, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, Universitäten und Forschungseinrichtungen. Finanziert wird das W3C durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden. Der Mitgliedsbeitrag richtet sich nach der Herkunft und Art der Mitgliedsorganisation. Von 2009 an spendete die ISOC, innerhalb von drei Jahren, insgesamt 2,5 Millionen US-Dollar an das W3C.

Weitere wichtige Organisationen und Verbände

World Wide Web Foundation

Die World Wide Web Foundation (auch Web Foundation) ist eine Organisation mit dem Ziel das World Wide Web zu verbessern und für alle verfügbar zu machen. Die Web Foundation wurde 2009 von Tim Berners-Lee gegründet. Das Ziel der Web Foundation ist es, ein offenes Web als globales Gut und Grundrecht zu etablieren, das für jeden zugänglich und frei nutzbar sein soll.

Electronic Frontier Foundation

Die Electronic Frontier Foundation (kurz EFF) ist eine Nichtregierungsorganisation in den USA, die sich für Grundrechte im IT-Bereich einsetzt. Die Ziele der EFF sind Redefreiheit, Privatsphäre, Innovation und Verbraucherrechte. Das Direktorium der EFF besteht aus Informatikern und Professoren der Rechtswissenschaften. Die Mitglieder bestehen aus Verbänden und Unternehmen, die Mitgliedsbeiträge an die EFF zahlen.

Ein wichtiges Ziel der EFF ist die Veröffentlichung von Informationen darüber, wie die US-Regierung die Bevölkerung überwacht. Dazu geht die EFF auch teilweise vor Gericht, um an die notwendigen Informationen zu kommen, oder mehr Kontrolle des Parlaments über die Überwachungsaktionen von Geheimdiensten oder dem FBI zu erstreiten.

Eine weiteres großes und bekanntes Projekt der EFF ist „HTTPS everywhere“, das den Aufbau einer verschlüsselten Kommunikation zwischen Browser und Server erleichtern soll.

Chaos Computer Club

Der Chaos Computer Club (kurz CCC) ist eine deutsche Nichtregierungsorganisation, die sich mit Fragen der Computersicherheit beschäftigt. Der CCC wurde 1981 als ein Zusammenschluss von Hackern gegründet, hat seinen Hauptsitz in Hamburg und hat heute ca. 5500 zahlende Mitglieder. Der CCC fordert ähnlich dem EFF ein Menschenrecht auf weltweite ungehinderte Kommunikation.

Seit 1984 trägt der CCC jährlich den „Chaos Communication Congress“ aus, der über mehrere Tage stattfindet und auf dem technische und gesellschaftspolitische Themen im Kontext der Informationstechnologie diskutiert werden. 2014 hatte der Chaos Communication Congress ca. 10.000 Besucher.

Freifunk

Freifunk ist eine nichtkommerzielle Initiative, für den Aufbau von freien und selbstverwalteten Funknetzwerken. Dazu stellen alle Nutzer im Freifunk-Netzwerk ihre eigenen WLAN-Router für die Datenübertragung aller anderen Teilnehmer zur Verfügung, wodurch ein autonomes vermaschtes Netzwerk entsteht. Die so entstehenden Gemeinschaften werden auch als lokale Communities bezeichnet. Außerdem stellen einige zusätzlich ihren Internetzugang zur Verfügung und ermöglichen so allen Teilnehmern den Zugang ins Internet. Für den Aufbau des Netzwerks wird eine auf die Community zugeschnittene Freifunk-Router-Firmware verwendet, die auf Linux basiert. Die Freifunk-Initiative ist Teil einer globalen Bewegung, für freie Infrastukturen und offene Funkfrequenzen, um eine Demokratisierung der Kommunikationsmedien zu erreichen.

Eco

Der Eco ist ein deutscher Verband der Internetwirtschaft, der 1995 gegründet wurde und mit seinen ca. 800 Mitgliedsunternehmen der größte Verband der Internetwirtschaft in Europa ist. Die Ziele von Eco sind die Förderung von Technologien im Bereich des Internets sowie die Gewährleistung guter Rahmenbedingungen und die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder in nationalen und internationalen Gremien. Der Eco verwaltet u. a. auch den größten Internet-Austauschknoten „DE-CIX“ in Frankfurt und initiiert und unterstützt Projekte in den Bereichen Cloud-Computing und IT-Sicherheit und vielen anderen IT-Bereichen.

Bitkom

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (kurz Bitkom) ist der 1999 gegründete Branchenverband der Informations- und Telekommunikationsbranche in Deutschland. Der Bitkom vertritt ca. 2.300 Unternehmen, von denen ca. 1.500 Mitglieder sind, die ca. 140 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaften und ca. 700.000 Mitarbeiter beschäftigen. Zu den Mitgliedern zählen Hersteller von Hard- und Software und Unterhaltungselektronik, IT-Dienstleister, Internetanbieter sowie Unternehmen aus den Bereichen digitale Medien und Netzwirtschaft. Das Ziel der Bitkom ist es, optimale Rahmenbedingungen für die ITK-Branche (Informations- und Telekommunikationstechnik) zu schaffen und zu erhalten.

Quellen